Oft ratlos, aber niemals radlos.

Der Lack ist ab! Fast…

Nun, ganz soweit ist es bei Entstehung dieses Beitrages noch nicht, aber der im Titel beschriebene Sollzustand liegt in Reichweite.

Die Neulackierung des Rahmens wäre an sich nicht zwingend nötig gewesen. Hier und da gab es zwar kleine Macken im Rahmen, aber letztlich nicht so schlimm, dass man den Rahmen nicht auch belassen hätte können. Allerdings wollte ich mit der Gesamtveränderung des Hardtails dem Ganzen auch farblich ein neues Gewandt geben. Ganz so, wie sich manche Leute eine neue Haarfarbe zulegen, wenn sie den Partner wechseln. Manche Veränderungen schreien gerade danach, durch eine visuelle Veränderung verdeutlicht zu werden. Deshalb muss also der Lack weichen und das Bike bekommt eine neue Farbe.

Hier sieht man nochmals den Ausgangszustand des Rahmens. Wie gesagt, an sich ok, aber farblich habe ich für das Gravel Bike andere Vorstellungen.

Wenn man sich nun daran macht, einen Fahrradrahmen zu entlacken, gibt es zwei grundsätzliche Vorgehensweisen zwischen den man sich entscheiden kann:

  • chemisch (durch Abbeizen)
  • mechanisch (durch Abschleifen)

Chemische Lackentfernung

Der erste Weg, die chemische Lackentfernung, ist bzw. muss man mittlerweile sagen, war, eine relative einfache Methode zur restlosen Entfernung des Lacks von einem Fahrradrahmen, nämlich das Abbeizen. Hierzu trägt man den Abbeizer auf den Lack auf, wartet einige Minuten, und kann dann im besten Falle den alten Lack einfach mit einem Plastikspatel vom Rahmen abkratzen. Der Abbeizer löst quasi den Lack auf und macht ihn wieder weich.

Weshalb das ‘war’? Bis 2011 enthielten die meisten Abbeizer die Chemikalie Dichlormethan. Und man kann es sich denken, genau diese Chemikalie machte viele Abbeizer sehr geeignet für ihren Zweck, war aber leider auch sehr giftig und umweltschädlich. Und aus diesem Grund wurde die Verwendung von Dirchlormethan in Abbeizern Ende 2011 verboten. Nun gibt es heutzutage immer noch eine ganze Reihe von verschiedenen Abbeizern, mal mit mehr, mal mit weniger Chemikalien versehen. Aber letztlich kann man nach einiger Recherche feststellen, dass alle mehr oder weniger gleich schlecht funktionieren. Es hatte seinen Grund, dass man früher Dichlormethan für diese Aufgabe verwendet hat. Im Ergebnis führen die meisten Abbeizer heute nur noch zu einem bedingt erfolgreichen Abbeizvorgang. In vielen Fällen muss man den Abbeizvorgang mehrmals wiederholen, und am Ende doch noch oftmals restlichen Farbflecken oder -flächen mit dem Schleifpapier zu Leibe rücken.

Und dann bleibt auch noch die grundsätzliche Frage, ob es denn tatsächlich notwendig ist, selbst die heute noch in Abbeizern vorhandenen Chemikalien zu verwenden, zumal dann, wenn das Ergebnis nicht zwangsläufig dem Wunschresultat entspricht.

Mechanische Lackentfernung

Die mechanische Lackentfernung kennen wir alle. Man nimmt sich Schleifpapier oder eine Metallbürste und schabt bzw. kratzt den Lack von Hand oder mit einer Maschine vom Fahrradrahmen.

Alternativ dazu gäbe es auch noch die Möglichkeit des Sandstrahlens. Hierbei werden mittels Druckluft Partikel auf den Rahmen gesprüht (z.B. Sand oder aber auch, sanfter, Walnussschalen), woraufhin der Lack vom Fahrradrahmen gelöst wird. Da man in aller Regel Fahrradrahmen nicht zu häufig entlackt, lohnt natürlich die Anschaffung des entsprechenden Equipment (incl. ein Sandstrahlkammer) für den Privatgebrauch nich. Allerdings findet man problemlos in den meisten Lackierbetrieben oder Werkstätten Dienstleister, die das für einen übernehmen. Kostenseitig hält sich das meist in Grenzen, für einen normalen Fahrradrahmen gehen die Preise so bei 50€ los. Sollte ich in Zukunft den Bedarf noch öfter haben, werde ich diese Methode sicherlich auch bevorzugen, allerdings wollte ich bei dem Umbau meines Hardtails alles komplett alleine machen, weshalb dieser Weg ausschied.

Will man also selbst Hand anlegen, bleibt das beliebte Schleifpapier übrig. Auch hier gibt es natürlich verschiedene Vorgehensweisen. Am simpelsten ist natürlich das Abschleifen per Hand. Ist mühsam, dauert lang, bietet aber, wenn man eine etwas romantisierte Vorstellung des Werts handwerklicher Arbeit hat, sicherlich im Nachhinein den größten Grad an Zufriedenheit über das erreichte Ergebnis.

Ich habe verschiedene Schleifgeräte verwendet, wie z.B. einen runden Schleifaufsatz für die Bohrmaschine, einen Winkelschleifer, einen Proxxon-Feinbohrer mit Messingbürstenaufsatz sowie, in sehr verwinkelten Ecken, dann doch auch wieder die Hand. Bei runden Schleifaufsätzen, wie solchen für Bohrmaschinen, oder Exzenterschleifern, muss man aber recht vorsichtig sein. Das Problem dabei ist, dass sich die äußeren Ränder der Schleifteller deutlich schneller drehen als der mittlere Bereich des Schleiftellers. Wenn man großflächig mit einem runden Schleifaufsatz arbeitet, kann es passieren, dass man sich hierbei Unebenheiten in das bearbeitete Material einarbeitet. Da sollte man lediglich etwas vorsichtig sein, und das beachten. Im Falle des Fahrradrahmens, habe ich die großflächigeren Bereiche deshalb mit den äußeren Bereichen der Schleifteller bearbeitet und den mittleren Bereich der Schleifteller nicht verwendet. Bei den kleineren Flächen (Sitz- und Kettenstrebe bzw. Lenkrohr) und an Kanten habe ich einen Winkelschleifer verwendet. Schweißnähte, und die Ecken, die mit dem Winkelschleifer nicht erreichbar waren, wurden soweit möglich mit dem Proxxon-Feinbohrer und Messingbürste entlackt, und wenn gar nichts mehr ging, musst doch die Hand herhalten.

Den ersteh Schleifdurchgang, zur vollständigen Entfernung des Lacks habe ich mit Körnungen von 60-100 vorgenommen. 60 ist recht grob, und man muss bei dem Einsatz mit Maschinen vorsichtig sein, dass man nicht ungewollt zu viel Material an einigen Stellen wegnimmt. Mit etwas Augenmaß lässt sich damit jedoch noch gut arbeiten, und man kommt mit der Lackentfernung recht zügig voran. Der zweite Schleifgang erfolgte dann mit einer Körnung von 200-240 und final werde ich noch einen letzten Schleifdurchgang mit 400er Körnung vornehmen. Das sollte dann ausreichend glatt sein. Eine feinere Körnung brauche ich nicht, da ich den Rahmen vor dem Lackieren noch grundieren werde und deshalb bereits ein gleichmäßig Lackbild entstehen sollte.

Die Zeit während des Abschleifens habe ich dazu genutzt, mir einige Gedanken zum grundsätzlichen Aufbau des Gravel Bikes zu machen. Insbesondere zu den Fragen, die ggf. Auswirkung auf die Rahmengestaltung haben. Das waren einerseits die beabsichtigte Laufradgröße, welche Bremsen (Felgen- oder Scheibenbremsen) verwendet werden sollen sowie die Frage, wie die Kabelführung (für Schaltzüge und Bremszüge/-leitungen) erfolgen soll. Zu den einzelnen Überlegungen schreibe ich noch gesonderte Beiträge mit allen Überlegungen dazu, an dieser Stelle nehme ich die Ergebnisse aber vorweg, da diese Auswirkungen auf die Bearbeitung des Rahmens hatten.

Das Hardtail war mit 26-Zoll-Rädern ausgestattet. Heute nicht mehr state-of-the-art, man erhält auch teils nur noch schwierig Material für diese Laufräder. Deshalb werden es 28-Zoll-Räder, die zur Zeit auch üblicherweise an Gravelbikes verbaut werden. Dies hat jedoch Auswirkung auf die Bremsen, zumindest am Hinterrad. Denn bislang waren dort Cantilever-Felgenbremsen verbaut. Da aber mit größeren Rädern die Felgen weiter nach außen wandern, wären die Sockel für die Bremsen nicht mehr verwendbar gewesen. Hinzu kommt, dass ich persönlich Scheibenbremsen bevorzuge, weshalb ich die Felgenbremsen ohnehin ersetzen wollte. Im Ergebnis konnte ich die Sockel für die Cantileverbremsen deshalb entfernen.

Bezüglich der Schaltgruppe schwanke ich noch zwischen einer Shimano GRX R820 mit hydraulischen Scheibenbremsen und einer elektronischen SRAM-Gravel-Schaltung, der XPLR. Beide sind spezielle Schaltgruppen für Gravelbikes. Einer der Vorteile ist, dass man sie als Einfachgruppe, d.h. mit nur einem Kettenblatt, aber dafür mit einem 12er-Ritzelpaket bekommt. Alternativ gäbe es diese auch noch als 2fach-Schaltgruppe mit zwei Kettenblättern. Das hätte ggf. etwas Vorteile bei bergfreundlicheren Gängen, allerdings habe ich vor, das Gravel Bike eher als Stadt-/Tourenrad zu verwenden, weshalb mir die Bergtauglichkeit hier nicht ganz so wichtig ist, und mit einem 12er-Ritzelpaket bei der 1fach-Gruppe auch nur noch bedingt Vorteile abwirft.

Damit entfällt im ersten Schritt schon mal die Notwendigkeit eines Umwerfers zum Wechsel eines Kettenblattes und damit auch der Schaltzugführung zum Umwerfer. Die Bremsleitung werde ich integriert, also im Rahmen verlegen. Hierdurch bleibt ggf. nur die Verlegung des Schaltzuges für die hintere Schaltung, falls es die Shimano werden sollte. Ergo kann ich aber natürlich auch weitgehend sämtliche Anbauteile für die heutige Kabelführung entfernen. Dies bedingt zwar etwas mehr Feil- und Schleifarbeit, ist den Aufwand aber allemals wert.

Die Sockel der Cantilever-Bremse an den Sitzstreben, die durch das größere Laufrad, aber auch durch den Wechsel auf Scheibenbremsen überflüssig werden.

Die Reste nach dem Abflexen vom Rahmen. Links die Canti-Sockel, Rechts die Überreste der Kabelführung für Schalt- und Bremszug.

Und die Sitzstreben ohne Canti-Sockel, die nun natürlich noch abgefeilt und dann ebenfalls glattgeschliffen werden müssen. Oben links an der rechten Sitzstrebe kann man auch noch vage die Basis einer entfernten Kabelführung für die hintere Schaltgruppe erkennen.